Einzelgängerin

ja, ich würde sagen, ich bin eine richtige Einzelgängerin geworden, wie man sich die so vorstellt. Eine „alte“ Frau, die komisch, vermeintlich nicht sozial, unhöflich wirkend, in sich gekehrt, wenig gesprächig usw. ist. Vor vier oder fünf Jahren (ich weiß es gar nicht mehr genau) ging meine langjährige Beziehung zu Ende und seitdem gehe ich mehr oder weniger alleine durch das Leben, was wahrscheinlich auch ein Grund dafür, ist warum man immer eigensinniger und „komischer“ wird, zumindest in den Augen der anderen. Manchmal betrachte ich mich von außen und habe sogar wirklich bedenken, dass ich mich zu einem seltsamen Menschen entwickel.

Über Weihnachten und Silvester war ich wieder auf Fuerteventura zum Surfen und habe 9 Nächte im Hostel verbracht. Also, eigentlich habe ich da nur geschlafen, in einem Mehrbettzimmer, was mir komischerweise aber meist relativ gut tut, weil ich dann wirklich schlafe und Nachts nicht mehr auf mein Handy schaue.

Morgens nach dem Aufstehen, freue ich mich immer, wenn noch kein anderer wach ist und ich alleine frühstücken kann. Manchmal haben aber doch andere Gäste früh Surfunterricht und sitzen mit mir am Tisch. Das stresst mich schon leicht, weil ich mich gezwungen fühle an den Gesprächen teilzunehmen, um nicht völlig als Außenseiterin dazustehen. Dann haue ich ab ans Meer und schaue, dass ich irgendwo parken kann, wo am besten kein Auto direkt neben mir steht. Ich höre dann einen Podcast oder lese und hänge einfach in meinem Auto ab, alleine, bevor ich surfen gehe. Mir ist Körperkontakt mit Freunden oder Bekannten meist unangenehm und ich mag es nicht, wenn mir Menschen im Gespräch zu nah kommen. Auch im Wasser rede ich sehr wenig und sitze meist fernab der anderen - auch, wenn das nicht immer die beste Position ist. 

Warum ich so bin, so „Menschenmeidend“? Ich habe da so meine Theorien. Dabei muss man ja sagen, dass ich es genieße mit geliebten Menschen zusammen zu sein und dann auch sehr gerne und viel rede. Das gleiche gilt für Menschen, mit denen es sich aus meinen Augen wirklich lohnt ein Gespräch zu führen; die genau wie ich gerne Dinge hinterfragen, durchdenken, überdenken, reflektieren und sich darüber mit mir austauschen möchten und nicht nur small talk halten wollen. 

Als ganz schlimm empfinde ich die Menschen, bei denen es sich nur um ihre eigenen Geschichten dreht, die nicht zuhören können und wollen, die ständig um sich selbst kreisen und das gar nicht merken; die Interesse heucheln und schon während sie eine Frage an einen richten zu ihrem Handy greifen und anfangen Nachrichten zu tippen und dann einfach nur nicken oder „hmm, hmm“ sagen und man ganz genau weiß, dass derjenige gerade überhaupt nicht zuhört. Im Nachhinein ärgere ich mich dann immer, dass ich mit diesem Menschen Zeit verbracht habe, weil das wertvolle Lebenszeit bedeutet, Energie kostet und einen schlechten Nachgeschmack hinterlässt. Vielleicht auch deswegen bin ich oft lieber alleine, zumal ich nicht ausschließen kann und will, dass nicht auch ich anderen Zeit stehle oder ihnen meine Gedanken und Geschichten aufdränge und dabei nicht immer der beste Gesprächspartner bin.

Einzelgänger/innen werden des Öfteren komisch angeschaut, belächelt oder auch als arrogant abgestempelt. Dabei ist es meist einfach nur das Bedürfnis mit sich alleine zu sein. Vielleicht hängt es auch damit zusammen, dass ich in meinem Beruf so viel mit Menschen reden muss und zu tun habe, dass ich mir im privaten Leben rausnehme, nicht mehr mit Allen zu reden und meine Auszeiten zu nehmen. Vielleicht ist es aber auch einfach das Alter oder eine Form von Überheblichkeit, die mich da überfallen hat. Ich werde dem weiter auf den Grund gehen und halte euch auf dem Laufenden :)