Mein Sabbatjahr - Gedanken einer "planlosen Surferin"
„Na,
haste denn jetzt schon einen Plan?“ „Wo geht es als erstes hin?“ „Was willst du
denn überhaupt machen?“ Diese und ähnliche Sätze höre ich in den letzten Wochen
fast täglich. Jeden den ich treffe und dem ich von meinem Sabbatjahr berichte,
dass in fünf Wochen beginnt, interessiert „mein Plan“. Das ist auch nett und es
freut mich, dass sich die Menschen für meine Reise interessieren, allerdings
gebe ich immer die gleiche Antwort: „ich habe keinen Plan. Der einzige „Plan“ besteht darin, dass ich surfen und glücklich sein
will; jeden Tag.“
Aber
von Anfang an: heute vor genau einem Jahr habe ich mich von jetzt auf gleich
dazu entschieden, ein Sabbatjahr zu beantragen. Ich, 34 Jahre alt, Lehrerin von
Beruf, ledig, zurzeit in Hamburg lebend,
will ein Jahr lang „frei sein“.
Dafür verzichte ich im Moment auf mein halbes Gehalt und erhalte es in dem
Jahr, in dem ich nicht arbeite. Das
klingt nicht nur wie ein Traum, es ist einer.
Wir
Menschen sind, ob durch die Arbeit, durch unseren Partner oder durch uns
selbst, extrem vielen Zwängen und Verpflichtungen unterlegen. Unser Alltag ist
durchgetacktet, durchorganisiert, geprägt von Ordnung, Pünktlichkeit,
Korrektheit, Gewohnheiten. Viele schauen dabei nur noch geradeaus. Nur wenige
blicken oft genug auch mal nach rechts oder links und über den „Tellerrand“
hinaus. Eine Beziehung, die schon lange nicht mehr gut läuft und schon lange
nicht mehr glücklich macht, wird aufrecht erhalten, weil alles andere bedeuten
würde, dass die Routine durchbrochen, die Gewohnheit aufgegeben und etwas
geändert werden müsste. Ein ungeliebter Job wird tagtäglich ausgeführt, auch,
wenn er krank macht. Um etwas zu ändern, benötigt es Mut und den Willen, die
Komfortzone zu verlassen, etwas Neues zu wagen, auszubrechen aus dem Gewohnten.
Das schaffen nicht viele und bleiben lieber unglücklich. Der Stresspegel steigt
ständig, und das insbesondere in einer Großstadt. Alles muss schnell gehen,
jeder hetzt von einem Termin zum nächsten. Auf der Straße wird sich gegenseitig
beleidigt und beschimpft, weil einer zu langsam Fahrrad fährt oder zu langsam
an der grünen Ampel losgefahren ist. Die Stadt ist ständig in Bewegung und
kommt kaum zur Ruhe.
Der
Wunsch, diesem ganzen einmal zu entkommen liegt da sehr nahe und überfällt
bestimmt jeden von uns mindestens einmal im Leben. In mir ist dieser Wunsch so
groß geworden, dass ich den Beginn meines Sabbatjahres kaum noch erwarten kann.
Forciert wurde das Ganze noch dadurch, dass ich vor einem Jahr angefangen habe
zu surfen. Dieser Sport verändert einen. Er macht etwas mit dir und mit deinen
Gedanken. Er lässt den Drang nach Freiheit und dem Leben am Meer so groß
werden, dass das „normale“ Leben in der Stadt kaum noch zu ertragen ist. So
geht es mir und vielen anderen, mit denen ich in den letzten Monaten und Wochen
gesprochen habe und die das Surfen für sich entdeckt haben. Auf einmal fragt man sich, was man im Leben
wirklich will, wo es hingehen soll und was der Sinn hinter allem ist. Die Antworten
darauf muss jeder selber finden, aber eines ist mir in Vorbereitung meines
Sabbatjahres bewusst geworden: ich
möchte einmal planlos sein, in den Tag hinein leben, keinen Zwängen unterlegen sein und jeden Tag das tun,
was mich glücklich macht. Denn das Leben
ist zu kurz, um auf das Glück zu warten.
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